Karl-Heinz Zimmer unterstützt das Literaturcamp Heidelberg dieses Jahr nicht nur mit seiner Anwesenheit und über Twitter, sondern ist auch noch Sponsor mit der freien Software SPBuchsatz. In diesem Interview, das er mit Anna vom Blog Ravenclaw Library geführt hat, erzählt er uns, wie er von der Idee zur Software gekommen ist und worauf er sich beim #litcamp19 freut.
Anna: Hallo Karl-Heinz, vielen Dank, dass wir dir ein paar Fragen zu dir, zum Literaturcamp und zu SPBuchsatz stellen dürfen! Und natürlich sind wir sehr froh, dass du das Literaturcamp Heidelberg auch in diesem Jahr wieder unterstützt! Gehört das Barcamp denn für einen so erfahrenen Litcamp-Gänger schon fest in die Jahresplanung?
Karl-Heinz: Das Literaturcamp Heidelberg und der Buchmesse Convent in Dreieich sind für mich die beiden interessantesten, schönsten und damit ‘unverzichtbaren’ Veranstaltungen im Buchmenschen-Jahr.
Gibt es für dich etwas, auf das du dich beim Litcamp Heidelberg besonders freust oder das es unter den Barcamps besonders macht?
Besonders freue ich mich darauf, sympathische Menschen wiederzusehen, mit denen ich sonst das Jahr über nur per Twitter oder E-Mail in Kontakt stehe.
Zweite, besondere Vorfreude bietet die Möglichkeit, dort mit guter Ruhe in Einzelgesprächen und in einer Session den Autor*innen den besonderen Nutzen zu beschreiben, den ihnen die freie Software SPBuchsatz bietet. :)
Wie nimmst du als so aktiver Supporter – sowohl durch SPBuchsatz als auch durch deine Online-Präsenz – die Selfpublishing-Szene auf dem Litcamp wahr?
Mein drei wichtigsten Eindrücke:
1. Immer mehr Leute wählen mit großer Freude den Weg des Selfpublishings, da sie die darin liegenden Freiheiten ebenso schätzen wie die (beim Verlag-Publishing nicht immer im gleichen Maß erreichbare) sehr hohe Qualität.
2. Selfpublishing-Autor*innen sind zunehmend selbstbewusst und qualitätsorientiert: Sie suchen sich ihre Lektor*innen gut aus, um geduldig einen möglichst hochwertigen Text zu erarbeiten, sie legen viel Wert auf ein gekonnt realisiertes Cover – und sie nutzen zunehmend auch die spannenden Möglichkeiten, durch entsprechende Software selber einen 1-A Buchsatz herzustellen.
3. Im Selfpublishing tritt die finanzielle Bedeutung der Print-Ausgaben immer mehr in den Hintergrund, dies bedeutet, sie werden zunehmend als Liebhaberei (sprich: als Herzensangelegenheit) betrachtet: Die Autor*innen freuen sich darüber, eine sehr schöne Print-Ausgabe ihrer Werke zu geringen Kosten erstellen zu können, daher investieren viele von ihnen gerne die benötigte Zeit und verzichten bewusst auf rein finanzielle Kosten-Nutzen-Rechnungen.
Was hat dich auf die Idee zur Entwicklung von SP-Buchsatz gebracht?
Seit Jahrzehnten liebe ich die facettenreiche Welt von TeX, LaTeX und KOMA-Script und mich wunderte seit langem, dass im Selfpublishing-Bereich nur sehr wenige Werke per TeX gesetzt werden. Im Sommer/Herbst 2018 kam ich per Twitter in Kontakt mit SP-Autor*innen und nutzte froh die Gelegenheit, einige ihrer Romane/Novellen zu setzen und dabei die Feinheiten des LaTeX-Pakets microtype zu nutzen.
Drei Dinge fielen in Gesprächen auf:
1. Die so erreichbare Qualität ist (besonders in mikrotypographischer Hinsicht) der von Word haushoch überlegen. Per LaTeX mit microtype realisierter Satz ist, bei sorgsamer Beachtung einiger typographischer Regeln, ebenso hochwertig wie der Satz, den Profis mit teuren Satz-Programmen erstellen: Solche Werk sind so sauber gesetzt, als seien es Erzeugnisse sorgsam und geduldig arbeitender Verlag-Setzer*innen, sprich: Besser gesetzt als durchschnittliche Verlag-Bücher.
2. Die freie Softwarewelt von TeX und LaTeX ist zwar auf höchstem Niveau, doch leider immer noch in vieler Hinsicht eher für das universitäre Umwelt geeignet: Belletristik-Autor*innen sind nicht die “Hauptzielgruppe” der klugen Leute, die die (oft genialen) LaTeX- und LuaTeX-Pakete zaubern. Die Lernkurve ist relativ steil für deutschsprachige, nicht im akademisch/technischen Bereich erfahrene Menschen und die Häufung englischsprachiger Fachbegriffe ist ebenso mühsam.
3. So wie die erfolgreichsten Anwender*innen teurer Profi-Satz-Programme entweder gelernte Setzer*innen sind, oder sich durch Selbststudium dicker Bücher entsprechende Kenntnisse aneigneten, erzielen auch im LaTeX-Bereich die Leute die besten Ergebnisse, die sich richtig tief einarbeiten und sich dann ernsthaft Zeit für die Feinkorrektur des Satzes nehmen.
SPBuchsatz entwickelte ich aus drei Gründen:
Es soll den Autor*innen viel Zeit sparen, da Dinge wie Satzspiegelberechnung und Satz der Titelei (inkl. Impressum) automatisch erfolgen, ohne dass sie sich in die Welt von TeX / LaTeX einarbeiten müssten.
Es soll das Einbinden von Graphiken (mit danach automatisch wieder hergestellter Registerhaltigkeit) leicht machen.
Es soll durch Einblenden bunter Korrektur-Hinweise die Feinabstimmung des Textsatzes erleichtern und damit den Autor*innen ersparen, sich erst buchsetzerisches Wissen aneignen, um danach mit Adleraugen Absatz für Absatz akribisch durchzugehen: SPBuchsatz macht es besonders für Laien leicht, typographische Problemstellen zu erkennen.
Mein Ziel ist also sehr einfach: Satztechnisch unerfahrene Menschen in die Lage versetzen, sehr hochwertige und damit sehr gut lesbare Romane, Novellen und Geschichten-Sammlungen zu setzen.
Gehört Twittern für dich dazu oder lenkt es ein bisschen vom Zuhören ab?
Twittern und Tweets lesen ist für mich sowohl gemütliche Ablenkung :) als auch die wichtigste Kontakte-Quelle, ich nutze kein anderes soziales Netzwerk. :)
Kannst du auf dem Litcamp auch mal Autor*innen mit der Liebe zum Buchsatz anstecken oder ist das etwas, das mit dem Buchdruck zurückgeht?
Erfreulicherweise führt der mengenmäßige Rückgang der Print-Ausgaben dazu, dass die Autor*innen diese neu schätzen: Als besondere Möglichkeiten, sich selber (und Bekannten … und vielleicht einigen anderen, Leser*innen) eine Freude zu machen.
Konkret bedeutet es die Verschiebung von Masse zu Klasse: Besondere Qualität, da zunehmend eher die Menschen sich eine Print-Ausgabe ‘leisten’, denen dies besonders am Herzen liegt.
1-A Buchsatz kostet Zeit während der Feinkorrektur-Phase, ganz gleich, welches Programm jemand einsetzt, darum vermute ich, wir werden in Zukunft zwar weniger gedruckte Neuausgaben – doch dafür immer mehr wunderschöne!
SPuchsatz möchte einen Beitrag leisten, dass Selfpublishing-Autor*innen den Traum vom 1-A Buch verwirklichen können. :)
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